Trail l'Ardechois

(Bericht von Burkhard Lennartz)

Wer im Nachbarland an einem der vielen Trail-Läufe teilnimmt darf sich auf so manche Überraschung gefasst machen. Steile Bergrampen, Kletterpassagen über Felsen, Bachdurchquerungen und nahezu senkrechte Abstiege quer durch den Wald sind Pflicht. Bisweilen watet man durch das Abflussrohr eines Baches, um eine breite Schnellstraße zu queren oder läuft nach zurückgelegten 70 km innerhalb von 2 km 300 Höhenmeter kurz mal runter und wieder hinauf.

Entsprechend groß war meine Vorfreude auf den L’Ardéchois, einem viel besuchten Trail-Lauf in Zentralfrankreich. Auf rund 57 km waren etwa 2500 Höhenmeter zu überwinden. Mehrfach ging es rauf auf 1200 m hohe Berge.

Nach vielen kalten Tagen kam in der letzten Aprilwoche endlich die Wärme nach Mitteleuropa. Ich war mit meinen Eltern Richtung Süden gefahren und wir genossen die milde Frühlingsluft. Die Ruhe und die überaus schöne Landschaft der wilden Bergregion östlich von Valence machten den Vortag des Laufes zu einem entspannten Urlaubstag. In der Nacht fing es dann an zu stürmen und zu regnen. Zeitweise goss es wie aus Eimern.

Während bei meinen besorgten Eltern die Angst um ihren Sohn stieg, kletterte bei mir die Vorfreude auf den Lauf ins unermessliche. Schließlich gibt es nichts Schöneres als auf technisch anspruchsvollem Terrain unterwegs zu sein. Und Regen macht Bergtrailstrecken anspruchsvoll. Garantiert!

Um acht Uhr startete der L’Ardéchois in den mittelalterlich anmutenden Örtchen Desaignes. Kaum hatten die Läufer die engen Gassen des Ortes durch das Stadttor verlassen, ging es steil aufwärts. Bald bogen wir auf die ersten Trails ab und spätestens jetzt bekam ich bestätigt, dass dieser Lauf ein Highlight wird.

Es regnete immer noch und irgendwo musste das Wasser ja hin. Die schmalen Pfade, die den Berg hinauf- und hinunter führten, waren ideale Abflussrinnen. Immerhin ging es bergab „mit“ der Strömung.

Bei Kilometer 20 passierten wir die imposanten Überreste einer Burg. Die Festung befand sich auf einem Felsdorn und nachdem wir die alten Mauern durchschritten hatten, ging es dort hinunter, wo früher der Feind nicht hochkommen sollte bzw. eigentlich konnte.

Dann bogen wir ab, liefen in der Felswand um den Sporn und standen nahezu unvermittelt einem tosenden Wasserfall von 20 m Höhe und 5 m Breite gegenüber. Gerade bei diesem Wetter bot sich vor uns ein grandioses Naturschauspiel. Jetzt wurde es spannend.

Der reißende Bach musste direkt unter dem Wasserfall überquert werden. Nahezu hüfttief durfte man ins Wasser. Halt fand man bei der Strömung kaum. Nur das über den Bach gespannte Tau half. Wer es verlor, hatte die Chance, von Helfern einige Meter weiter herausgefischt zu werden oder war eben – dank weiterer Wasserfälle und vieler Stromschnellen – etwas früher als die Läufer im tief unter uns liegenden Tal.

Einige Male hörte es auf zu regnen. Jetzt konnte man die hiesigen Wälder mit ihren knorrigen flechtenbewachsenen Bäumen richtig genießen. Wir waren keine zweihundert Kilometer vom Mittelmeer entfernt und die milde Luft roch förmlich nach Meer. Mit den stets wechselnden Höhenmetern war auch ein ständiger Wechsel der Vegetation verbunden. Von mediterranen Pflanzen bis zur Gebirgsflora war alles vertreten.

Der Wind, besser gesagt der Sturm, kam aus Süden. In der Nacht waren zahlreiche Bäume umgerissen worden. Und auch jetzt krachte es rechts und links der Strecke unangenehm oft. Da half nur eines: Schneller laufen als Bäume fallen.

Auf den Freiflächen blies der Wind einen dann selber fast um bzw. davon; insbesondere nahe der Ruinen der zweiten Burg, die wir passierten. Hier durften wir dann aufwärts streben, wo im Mittelalter keiner hochkam, und das nach fünfzig gelaufenen Kilometern.

Zuvor hatten wir noch eine Straßenquerung besonderer Art zu bewältigen. Die Strecke führte durch einen Kanal unter einer schmalen Bergstraße hindurch. Natürlich mussten wir uns die schmale Unterführung mit einem Bach teilen. Dass der reißende Bach den ganzen rund einen Meter breiten Raum einnahm und es stockdunkel wurde, war nicht das Problem. Die Stromschnellen in der Röhre und das starke Gefälle schon eher.

Auf den letzten Kilometern durften wir noch ein Naturschauspiel der besonderen Art erleben. Vor uns auf der anderen Seite des Tals ging ein Gewitter nieder. Blitze wechselten einander wild ab. Gut war, dass ich die Hochfläche bald verlassen hatte und durch den Wald hinab in Richtung Ziel glitt.

Die nächsten Trail-Läufe sind schon in Planung, wer mitkommen will, sollte sich einfach bei mir melden!

Lohnenswerte Videos unter www.trailardechois.com.

 

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Aufbereitung Bericht für LLG-HP: Antje + Olaf Kucher