Bericht Norbert
"Impressionen vom Bonn Halbmarathon", oder
"Die Gedanken eines Spätaufstehers an einem lauen Sonntagvormittag"
Sonntag, 8:30 Uhr, ist Start zum Bonn Halbmarathon, das ist nur etwas
für Frühaufsteher. Mich kostet das schon ganz schön Überwindung, aber
immerhin kann ich mich ja auf schönes Wetter freuen und wenn es einmal
läuft, wird es schon laufen ;-). Um 6:00 Uhr muss ich aufstehen, wenn
ich noch etwas frühstücken möchte und möglichst schon alle
Laufutensilien am Abend vorher bereit gelegt habe. Die Entscheidung, ob
ich von Siegburg nach Bonn radle oder mit der Bahn fahre, will ich erst
am Morgen treffen. Um kurz nach 7:00 Uhr hole ich das Fahrrad aus der
Garage. Oh, es ist wärmer als gedacht, denn die Nacht war es bewölkt.
Natürlich stellt sich heraus, dass ich am Abend vorher nicht an
ALLES gedacht hatte, also verzögert sich die Abfahrt noch. Deshalb
möchte ich gerne die Bahn (S66) nehmen, bei einer Großveranstaltung in
Bonn wird die ja sicher häufiger fahren. Am Bahnhof lese ich "nächste
Abfahrt in 28 min und 11 sec". Gut, sage ich mir, die Verkehrsbetriebe
sind also nicht mehr an Fahrgästen interessiert, also radle ich wie
letztes Jahr, einfach die B56 nach Bonn, die zwar für Fahrräder gesperrt
ist, aber Sonntag um die Uhrzeit geht man dank der fast völligen
Abwesenheit von Autoverkehr dort kein Risiko ein.
Dadurch wird es zeitlich knapper, aber es bleibt alles im grünen
Bereich, denn durch das Fahrradfahren bin ich schon ein bisschen warm
und wach als ich ankomme und das Problem langer Warteschlangen an den
Toilettenhäuschen vorm Start konnte ich schon an einer vereinsamten
Tankstelle in Beuel lösen, wo mich zwei freundliche Kassiererinnen
bereitwillig auf's Örtchen ließen. Kaum bin ich da kann ich auch schon
Frank R. an der Oper beim Warmlaufen begrüßen, Birgit L. zieht den
Startbereich vor, nun nur noch den Garderobenbeutel loswerden und schon
treffe ich Achim Neitzel beim Warmlaufen. Es ist (für mich) der erste
Wettkampf an einem echten Frühlingstag, zusätzliche T-Shirts oder Gelbe
Säcke überzuziehen wäre völlig übertrieben.
Die Marschtaktik habe ich mir schon am Tag vorher festgelegt, ohne
zu wissen, wo ich stehe, denn in den letzten zwei Wochen war ich mehr
Ski fahren, als laufen. Und habe bei den wenigen kurzen Laufeinheiten
danach meine Muskeln gemerkt - Ski fahren, selbst Ski-Langlauf hat mit
Langlaufen ohne diese weiße, beschleunigende Schicht, wirklich überhaupt
nichts zu tun. Trotzdem sollte ich ja gut erholt sein, will schnell
laufen und auch anlaufen, um am Ende keine Sekunden verschenkt zu haben
und eine schnellere Zeit schaffen, als im letzten Jahr. Unser
Geschäftsführer hat mir als Vorgabe 1:28:00 h gegeben, das weiß ich, ist
realistisch. Und zur weiteren Motivation habe ich Kind und Kegel (Silvia
und Tobias) dazu motivieren können, zuzuschauen, erst bei 7,5 km - wenn
sie in Beuel ankommen - und dann im Zielbereich. Um es vorweg zu
nehmen, beide fallen auch auf den Marketing-Gag der VRS herein, die zwar
im Internet angekündigt hat, im Viertelstundentakt fahren zu wollen,
aber die operative Planung dieses Vorhabens - Fahrplanänderung,
zusätzliche Bahnen und Fahrer - wohl schlicht vergessen hat. Also kommen
meine Schlachtenbummler zu spät in Beuel an.
Das richtige Plätzchen ziemlich weit vorne im Startfeld ist gefunden,
direkt vor der Anlage, die mir nicht nur in den Ohren, sondern auch im
Bauch dröhnt. Nun kann es losgehen, 10, 9, 8, ..., 3, 2, 1, Schuss!
Schon laufen wir, und es fühlt sich nicht so an, wie sonst, aber Udo hat
mir ja auf der Marathonmesse gesagt, das gibt sich nach 5 km. Über die
Kennedybrücke und durch Beuel, das ist ein wirklich schöner
Teil der Strecke, viele Zuschauer, die sich richtig viel zur Motivation
einfallen lassen, z.T. Boxen aufgebaut haben und Extraverpflegung
anbieten, die anfeuern ... richtig Klasse! Zwischendurch eine
wunderschöne blühende, duftende Kastanienallee, dann die Ernüchterung
auf der Runde zur Kennedybrücke: sind meine Schlachtenbummler nicht aus dem Bett gekommen? :-( Da kann die Sambaband am Brückenanfang nicht
wirklich trösten. Die Brücke erscheint nun wie ein Berg, o.k., dann ist
die größte Steigung auf der Strecke schon mal bezwungen. Den Ausblick
von der Brücke geniesse ich ein bisschen, dann laufe ich mit großen
Schritten hinunter, nun sind schon 8 km geschafft. Nach der Schleife um
die Beethovenhalle werden es unten am Rhein schon 10 km sein. Da kommt
das Schild: 40:40 min messe ich als 10 km Zwischenzeit, mit Abstand die
schnellste, die ich bisher beim Halbmarathon ausprobiert habe, aber bis
hier bin ich sie gleichmäßig wie ein Uhrwerk gelaufen und es gab viele
Mitstreiter. Nun merke ich langsam, wie die Beine schwerer werden und
dass ich dieses Tempo wohl nicht bis ins Ziel halten kann. Zum Glück
kommt jetzt der schönste Teil des Laufes, immer entlang der
Rheinuferpromenade bis ca. 12 km, mit Blick auf den Rhein und das Siebengebirge, dass an diesem sonnigen Frühlingsmorgen durch den Dunst
nur schemenhaft zu erkennnen ist, was einen besonderen Reiz ausmacht.
Vor mir ein Läufer, der genau den gleichen Takt hat und fast kein Wind.
Um mich herum sind ab hier nur noch wenige Läufer.
Nun geht es vom Rhein weg, durch Straßen, wo keiner wohnt und sonst nur
Autos fahren, folglich auch keine Zuschauer mehr sind, vorbei an der
Rheinaue auf einer sechspurigen Autostrasse. Keine Verpflegungsstation
auslassen, denn ich schwitze beträchtlich - und dann auch noch ein
Wendepunkt ... Kurz dahinter tausche ich mit Olaf einen Gruß aus und das
muntert mich kurz auf, obwohl ich denken muss, dass er bestimmt noch
viel besser aussieht, als ich mittlerweile. Weiter auf der mehrspurigen
Strasse, die öde zu laufen ist, bis auf die Kennedyallee (B9), die in
die andere Richtung nach Godesberg führt, weiter auf der B9, hier fahren
sogar Autos nebenher. Schon seit 16 km fühle ich mich nicht mehr so gut,
muss einige Psychotricks anwenden und bin sicher, dass ich wegen dieses
Streckenteils nie ein Fan des Bonn (Halb-)Marathons werde. Aber
irgendwie schaffe ich es, nicht viel langsamer zu laufen, vorbei an der Museumsmeile - nun sind 19 km geschafft -, das Ziel rückt näher. Am
Hofgarten steigt wieder die Zuschauerzahl, nun folgt die letzte Schleife
durch die Innnenstadt, in der Sterngasse wird es immer enger und lauter,
das Ziel wird sichtbar - ein Lichtblick - ein Höllenlärm empfängt einen
auf den ersten Metern auf dem Marktplatz. Finde ich hier jetzt Silvia
und Tobias unter den Zuschauern am Streckenrand? Ich schaue nach links
und rechts, wieder links, ja, die Zuschauer sehen gut aus, von mir
selbst wird mir später anderes berichtet. Aber meine persönlichen
Schlachtenbummler können die Lautstärke nicht übertönen, ein Läufer 10 m
vor mir könnte in meiner AK sein. Ich habe noch Luft für einen letzten
Sprint und laufe über eine Matte. Wird hier schon die Zeit genommen,
sicher bin ich nicht, aber jetzt reicht es mir. Ich reduziere das Tempo,
laufe die letzten 30 m aus - einer überholt mich noch, als ich schon die
Helfer mit den Medaillen sehe. Ich hantiere ungeschickt mit meiner Uhr
stelle am Ende fest, dass es auf jeden Fall eine 1:27er Zeit sein muss.
Meine persönliche Vorgabe habe ich erfüllt!
Erschöpft schreite ich voran und beuge mein Haupt für die Medaille. Die
Medaillen dieses Jahr sind ein recht schwerer Kopf von Ludwig Erhard!
Aber in meinem Zustand hätte man mir sogar Angela Merkel um den Hals
hängen können und ich hätte erstmal nicht protestiert. Letztes Jahr war
das Motiv aber schöner, da habe ich meine Medaille mit dem Bonner
Münster an die kleine Tochter von Freunden verschenkt. Auf dieser werde
ich ganz sicher sitzen bleiben! Ich organisiere mir die Zielverpflegung,
treffe noch auf Herbie und Achim und mache mich relativ flott nochmal
auf die Suche nach Silvia und Tobias. Die tauchen aber nicht dort auf,
wo vereinbart, und lösen leider auch meine Gutscheine nicht ein, weil
ich vorher nicht genau erklärt hatte, dass das im großen öffentlichen
Zelt auf dem Münsterplatz stattfindet. Nach erfolgloser Suche - es ist
10:30 Uhr, und die Marathonis starten - möchte ich ins Schwimmbad gehen,
dort werden aber alle in die Duschen im Keller geschickt, weil das
Schwimmbadpersonal alle schon auf der Außentreppe abfängt - angeblich
sei es schon voll. Sei's drum, eine ordentliche Dusche erfüllt auch
ihren Zweck. Frisch am Fahrrad stelle ich fest, dass nun gleich die
Spitzengruppe vom Marathon über die Kennedybrück kommen muss und ich
mache noch einige Fotos. Die rund 10 Schwarzafrikaner haben nach 8 km
schon einen Abstand von 2-3 Minuten auf den Rest! Dann filme ich die
Sambagruppe auf der anderen Seite der Brücke. Die ist echt fit!
Nachtrag: Die Rückfahrt trete ich, wie die Hinfahrt, wieder mit dem
Fahrrad auf der Straße (B56) an, was unter anderem damit zu tun hat,
dass die Städte Bonn und Sankt Augustin auf einigen Teilstücken seit
mehreren Jahrzehnten nicht in der Lage sind, (sichtbare?) alternative
Wegweiser für Fahrradfahrer aufzustellen. Wesentlich einfacher scheint
es zu sein, einfach Verbotsschilder für Fahrradfahrer aufzustellen. Es
ist immer noch nicht viel Verkehr und ich störe ja keinen, bis auf einen
BMW-Fahrer, der meint sich die Hand wund hupen zu müssen, obwohl auch
zwei Autos nebeneinander auf die Fahrbahn passen würden. Dafür blockiert
ein geparktes Cabrio der gleichen Marke einige km weiter als einziges
Fahrzeug den Fahrradweg komplett ...
Um Punkt 12:00 Uhr endet der laue Sonntagvormittag mit meiner Ankunft zu
Hause und ich freue mich, dass ich Silvia und Tobias wenigstens hier
endlich treffe - es gibt viel zu erzählen.
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Bericht Sigurt
Zwei-Stunden-Marke leider verfehlt, aber hoch zufrieden
Gegen 8 Uhr traf ich auf dem Belderberg auf Birgit Neitzel. Da sie auch den grünen „Blockpunkt“ auf ihrer Startnummer hatte, erwarteten wir zusammen den Start. Auch als es dann los ging, blieben wir zusammen. Seite an Seite zogen wir unseren Weg über die Kennedy-Brücke hin zur ersten Verpflegungsstelle bei der Deutschen Telekom in Ramersdorf. Um nicht zu schnell anzugehen, versuchte ich mit der marathonerprobten Birgit Schritt zu halten. Hätte ich nicht diese Unterstützung gehabt, wäre ich vielleicht doch zu schnell angegangen. Dabei war unser Tempo für mich doch einigermaßen flott, denn Birgits Stoppuhr zeigte bis zum ersten Wendepunkt in Beuel durchweg 5:40 pro Kilometer an. Doch ich fühlte mich gut und konnte locker mithalten.
An der Erfrischungsstelle verlor ich Birgit zunächst aus den Augen, hielt mich wohl an der einen oder anderen Versorgungstheke einen Tick zu lange auf. Aber das musste ich den zunehmenden äußeren Bedingungen schulden! Somit war es nun an mir allein, mein optimales Tempo finden. Zu allem Übel stieg meine Pulsuhr aus, warum auch immer. Zum Glück erspähte ich aber Birgits Trikot rund 100 Meter vor mir und nutzte dieses nun als Orientierungsmarke. Denn Birgit hatte mir vorhin kurz zugeraunt, dass sie/wir unser Ziel erreichen würden, wenn wir bei 5:40 blieben. Die Situation änderte sich weder auf dem Rückweg zur Kennedy-Brücke, der zweiten Verpflegungsstelle, noch rund um die Beethovenhalle und entlang der Uferpromenade, vorbei an den Amtssitzen von Bundespräsident und Bundeskanzler (ja, ja, ich weiß , die haben ihr Büro jetzt in der Diaspora in Berlin!). Erst als es die Steigung zum Parkhaus der Deutschen Welle/UNO hinauf ging, musste ich leider etwas abreißen lassen und verlor Birgit aus den Augen. Bis zur Wende „ehemaliges Little America“/Kennedyallee war ich wieder gut in Pace. Noch während ich die letzten Meter vor der Wendemarke zu Kilometer 15 zurück legte, kam mir Birgit bereits wieder entgegen, war also wohl rund 600 Meter vor mir. Selbst der kleine Anstieg hinauf zur B9 bereitete mir wider Erwarten keine Probleme. Auch auf der „Diplomatenrennbahn“ entlang der Museumsmeile zurück ins Regierungsviertel lief es weiter gut, alles sah durchaus noch nach einer Zeit von unter zwei Stunden aus.
Das änderte sich - warum auch immer – allerdings nach der letzten „Wasserstelle“ vor dem Bundespräsidialamt. Und das, obwohl kaum mehr als zwei Kilometer noch zurückzulegen waren. Jetzt wurde es zu einem Fight gegen die Uhr. Mittlerweile hatte ich Birgit wohl irgendwie eingeholt, denn plötzlich tauchte sie wieder an meiner Seite auf. Auch sie wollte unbedingt unter der Zwei-Stunden-Marke blieben. Das war angesichts der noch zurückzulegenden Wegstrecke von rund zweieinhalb Kilometern allerdings hart. Selbst wenn wir uns sputeten, wohl kaum zu schaffen. Aber einen Versuch war es zumindest wert! Birgit konnte sich erneut von mir absetzen und einige Sekunden auf mich gut machen, am Ende sollten es 15 sein. Doch auch sie sollte es nicht schaffen, wir blieben deutlich über der angepeilten Zielmarke, Birgit mit 2:03:18, ich mit 2:03:33. Somit kam ich zwar als letzter von 13 Startern der LLG im Feld der Halbmarathonis ins Ziel, aber ich bin dennoch überaus zufrieden, konnte ich meine Bonn-Zeit bei der dritten Teilnahme erneut drücken, und das um fast zwei Minuten. (za)
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