Schmerzen beim Laufen - aufhören oder weiterrennen?

Ein Bericht von Birgit Lennartz (Fotos www.pfizer.de)

Wer kennt nicht das Gefühl, wie besonders beim Berglauf, wenn man meint es zerreißt einem die Brust, das Herz springt aus der Kehle, die Oberschenkel brennen. Was jetzt? Aufhören? Kann ich mir eine Schädigung zuziehen?

Schmerz ist ein wichtiger Alarmgeber des Körpers. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ist „aufreibend, furchtbar, schrecklich“. Ohne Schmerzempfinden hätten wir nach kurzer Zeit verstümmelte Hände, lädierte Füße usw. Auf der anderen Seite kann chronischer Schmerz zur Krankheit werden.

Image1 Wie entsteht Schmerz? Überall im Gewebe und in der Haut befinden sich spezielle Sensoren, so genannte Nozizeptoren. Ihre Erregungsschwelle ist so hoch, dass sie nur durch gewebeschädigende oder bedrohende Reize erregt werden können. Die spezifischen Schmerzrezeptoren können chemisch, mechanisch und thermisch aktiviert werden. Wir empfinden Schmerz durch ein Zuviel an Reizung an den Schmerzrezeptoren und/oder durch ein Zuwenig an zentraler Kontrolle, also Verarbeitung im Gehirn. Meist liegt eine Kombination beider Faktoren vor. Image2

Wird also die Reizschwelle überschritten, so wird ein elektrischer Impuls über das Rückenmark zum Gehirn und hier zum Thalamus, der Sammelstelle für alle Sinneseindrücke gesendet. Der Thalamus ist unser Aufmerksamkeitsfilter. Würden nämlich alle sensiblen Reize zum Großhirn weitergeleitet, so würde durch die Informationsfülle Chaos herrschen. Der Thalamus filtert nur die aktuell benötigten Informationen heraus und sperrt den Rest von der bewussten Verarbeitung aus. So ist es auch verständlich, das z. B. bei großem Unglück, ein Vater seine Tochter aus einem brennenden Haus rettet, obwohl er selber starke Verbrennungen hat, diese aber momentan nicht spürt.

Der Thalamus leitet nun die relevanten Informationen weiter: Zum einen an die Großhirnrinde, wo uns der Schmerz bewusst wird und wir ihn lokalisieren, quantifizieren und einordnen können. Dann an die Formatio reticularis, dem Weckzentrum, das unsere Aufmerksam-keit lenkt und das Atem- und Kreislaufzentrum beeinflusst. Und zum limbischen System, wo die emotionale Bewertung erfolgt. Messen kann man Schmerz jedoch nicht, denn jeder hat ein anderes Empfinden hierfür, eine andere Toleranzgrenze.

Zudem bestehen Verbindungen vom Thalamus zur Hypophyse und dem hormonellen System.

Ein eigentliches Schmerzzentrum gibt es also nicht.

Auch besteht nicht eine direkte Beziehung zwischen dem Ausmaß einer Verletzung und dem empfundenen Schmerzintensität. Ängste, Unwohlsein, psychische Einflüsse können Schmerzen verstärken, aber auch Ablenkung, Schock, Motivation, können sie nicht wahrnehmend machen.

Ist der Schmerzreiz im Gehirn angelangt, so werden als Gegenregulation verschiedene Stoffe u.a. auch Endorphine, also körpereigenen Opiate, ausgeschüttet, die schmerzhemmende Nervenbahnen aktivieren.

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Neben einer Unterscheidung in chronischen und akuten Schmerz wird in folgende Schmerzarten werden unterteilt:

  1. Somatischer Schmerz,
  2. Eingeweide- oder viszeraler Schmerz,
  3. Nerven- oder neurogener Schmerz
  4. Psychogener Schmerz
  5. “Sportschmerz“.
  1. Somatischer Schmerz betrifft Missempfindungen im Bereich der Haut, des Bewegungsapparates oder des Bindegewebes. Er kann als Oberflächenschmerz, also mehr an der Haut, aber auch als Tiefenschmerz im Bereich von Muskeln, Gelenken und Knochen registriert werden.
  2. Wie der Name schon sagt, wird der Eingeweideschmerz eher als dumpfer Tiefenschmerz empfunden. Er tritt z. B. bei Magenkrämpfen, Blähungen, Menstruationsbeschwerden, Seitenstechen, Blinddarmentzündung u. ä. auf.
  3. Typische Beispiele für Nervenschmerzen sind Neuralgien, Phantomschmerzen nach Amputationen, Zahnschmerzen.
  4. Beim psychogenen Schmerz liegt die Ursache nicht in der Reizung von Schmerzrezeptoren, sondern aufgrund von psychosomatischen Störungen entwickelt der Betroffene Schmerzen, wenn psychische Konflikte nicht auf andere Weise verarbeitet werden können.
  5. Neben den bisher genannten Schmerzformen kennt der Sportler noch den Schmerz bei Übermüdung, Erschöpfung, Überforderung, Überlastung, bei Höchstleistung. Der dabei empfundene Schmerz kann, je nach Belastung, verschiedene Größenordnungen erreichen. Sehr intensiv spürt man ihn z. B. beim Berglauf. Äußerungen wie „es zerreiß die Brust, es sprengt das Herz, es brennt der Rachen, es schnürt die Beine zu, ...“ können wohl viele Läufer nachempfinden. Wie entsteht dieser Schmerz?

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Sichere wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es dazu nicht, nur Erklärungsversuche:

Bei höchster sportlicher Belastung benötigt die Muskulatur eine maximale Durchblutung zur Energiebereitstellung. Um dies zu erreichen, muss der Organismus diese Blutmenge anderen Organen entziehen bzw. diese minder durchbluten. Diese so genannte Ischämie führt zu Sauer-stoffmangel und Übersäuerung des unterversorgten Gewebes. Die Folge: Schmerz. Dieser Zustand ist aber nur vorübergehend und reversibel. Mit Belastungsverringerung bzw. -ende normalisiert sich alles ohne schäd-liche Folgen. Diese Höhe der Schmerzschwelle hat schon manchen Sieg entschieden: Wer am besten diese Schmerzen tolerieren kann, gewinnt im Endkampf.

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