Wann ist die beste Tageszeit zum Laufen?
Birgit Lennartz
Die einen können morgens munter aus dem Bett hüpfen,
sind sofort zum Training bereit, sind bester Laune. Aber es gibt auch jene
Morgenmuffel, sie kämpfen um jede Minute Schlaf, verfluchen den Wecker und man
spricht sie am besten vor 10 Uhr nicht an. “Eulen” und “Lerchen” werden diese
beiden Extreme im Volksmund genannt.
Wieviel Schlaf wir benötigen, ob wie zu den “Eulen”
oder “Lerchen” zählen, hängt von einer Reihe Faktoren ab. Die Schwankungen des
Leistungsverhaltens im 24-Stunden-Rhythmus werden auch circadianer Rhythmus genannt. Bei den Frühaufstehern fällt die
Vitalität im Tagesverlauf ab, bei den Abendtypen steigt sie langsam von morgens
zum Abend hin an. Die Chronobiologie,
nicht zu verwechseln mit der Biorhythmik, die bestimmte Rhythmen astronomisch
herzuleiten versucht, hat wissenschaftlich herausgefunden, dass jeder Mensch
mit seinen eigenem Rhythmus von Schlafen und Wachsein geboren wird, der zwischen 23 bis 25
Stunden liegt. Bestimmt wird dieser
Rhythmus durch Sympathikus und Parasympathikus: Tags überwiegt der
Sympathikus, nachts der Gegenspieler Parasympathikus
Gesteuert wird die innere Uhr durch die Epiphyse (auch Zirbeldrüse genannt),
eine zapfen-förmige Drüse in unserem Gehirn. Sie reguliert den
Schlaf-Wach-Rhythmus, beeinflußt durch Lichtsignale, die über das Auge und die
dahinter liegenden Nervenbahnen an die Drüse geleitet werden. Der von der
Epiphyse ausgesendete Botenstoff heißt Melatonin. Bei Dunkelheit wird mehr, bei Helligkeit weniger Melatonin ausgeschüttet. Das
am Abend vor dem Einschlafen überschüssige gebildete Melatonin wird am nächsten
Tag unter Lichteinfluss wieder abgebaut. Fehlt dieser Lichteinfluss, bleiben
wir abgeschlagen und müde.
Morgens gegen 5-6 Uhr wird das Streßhormon Cortison ausgeschüttet, womit langsam
unsere “innere Batterie” aufgeladen wird. Ein erstes Leistungshoch, vor allem
was geistige Arbeit bestrifft, erreichen wir gegen 10-12 Uhr. Nach dem
Mittagstief folgt ein zweiter Höhepunkt zwischen 16-18 Uhr, der als die
günstigste Zeit zum körperlichen Training gilt. Gegen 22 Uhr übernimmt dann
wieder der beruhigende Teil unseres Nervensystems, der Parasympathikus, das
Kommando.
Die Chronobiologen unterscheiden 3 grundlegene
Rhythmusformen:
1) Ultradiane Rhythmen, die sich nach einigen Stunden wiederholen, wie Blutdruckhöhe oder Nahrungsaufnahme
2) Zirkadiane
Rhythmen, die sich nach rund einem Tag wiederholen, wie Wachsein und
Schlafen oder die Kurve der Körpertemperatur
3) infradiane
Rhythmen, die sich in größeren Abständen als einem Tag wiederholen, wie z.
B. Infektionen mit Fieber.
So zeigen eine Reihe von physiologischen Parametern
einen chronobiologischen Verlauf:
Körpertemperatur: nachmittags Maximum, nachts Minimum
Pulsfrequenz: vormittags langsamer als nachmittags
Blutdruck: spätnachmittag
Maximum, Mitternacht Minimum
Atemfrequenz: nachmittags Maxium, nachts Minimum
Magensäure: abends stärkste Produktion, nachts Minumum
Schmerzempfindlichkeit: nachmittags Maximum, nachts Minimum
Reaktionszeit: nachts bis morgens am höchsten, nachmittags Minimum
Zeitschätzung: nachts zu lang, nachmittags zu kurz.
Neben den physikalischen Faktoren wie Tag-Nacht, wirken
sich Gezeiten, Mondphasen, Jahreszeiten, sowie soziale Faktoren auf die
Leistungsfähigkeit und das Zeitbewußtsein aus.
Nur die wenigsten können sich ihren chronobiologischen
besten Zeitpunkt zum Laufen aussuchen. Der Körper kann sich aber an vieles
gewöhnen. Und obwohl die meisten Läufer nachmittags oder abends laufen,
erreichen sie trotzdem bei Wettkämpfen, wo der Start in der Regel am Morgen
bzw. Vormittag erfolgt, bessere Leistungen als im Training.
Dies zeigt, unsere Leistungsfähigkeit setzt sich aus
vielen Mosaikbausteinchen zusammen, man kann zwar versuchen im Einklang mit der
Chronobiologie zu leben, im sozialen Verbund unserer technisierten Welt ist
dies jedoch so gut wie unmöglich.