Mein Marathon-Geburtstag
42 Jahre (km) und 195 Tage (m) liegen nun schon hinter mir. Das war nicht immer ein leichtes Rennen aber es ist geschafft! Für die Startnummer musste man damals zu DDR-Zeiten lange anstehen und bis zum Start geschlagene 9 Monate warten. Als es dann endlich soweit war, legte ich einen sauberen Start hin und schrie danach mein Glück nur so hinaus.
Auf den ersten Metern gab es viel Gedränge und Geschubse, so dass man sich anfangs kaum und später nur kriechend fortbewegen konnte. Erst nach etwa 1 km konnte ich dann richtig loslaufen. Aus Freude lief ich gleich so schnell, dass ich gegen eine Absperrung stieß, zur Notaufnahme kam und mit einem Kopfverband ausgestattet wurde. Aber ich lief weiter.
Bis km 6 lief es dann eigentlich problemlos, wenn auch zum großen Teil fremdgesteuert. Die Zeit war allerdings nur mäßig, da ich oft Verpflegungstellen anlaufen und während der ersten km häufig die Laufhose wechseln musste.
Ab km 6,5 hörte der Spaß für mich auf und der Ernst des Laufes begann. Ständig ermahnten mich Streckenposten ihre Hinweisschilder zu lesen, ihnen in Schönschrift Autogramme zu geben oder meine Zwischenzeiten auszurechnen. Diese und andere zeitraubende Aktivitäten verfolgten mich von nun an km für km. Mit der Zeit machte die Sache aber auch ein wenig Spaß, zumal dadurch die Zeit etwas schneller verging und der Lauf wesentlich abwechslungsreicher wurde. Um gute Zwischenzeiten zu erreichen, musste ich allerdings immer wieder kleine Spurts einlegen. Diese kräftezehrenden Abschnitte wechselten aber auch mit schönen Anschnitten, in denen ich es so richtig „rollen“ lassen konnte.
Auch meine Laufbegleiter wechselten ab und zu. Ein netter älterer Läufer und eine ebenso nette Läuferin begleiteten mich nun schon seit dem Beginn meines Marathon und unterstützen mich wo es nur ging. Sobald ich Anzeichen von Schwäche zeigte, zogen sie mich oder versorgten mich mit Läufernahrung. Und das war nicht leicht! Bis km 26 waren zum Beispiel die Bananen an den Verpflegungsständen ständig rar. Ab km 5 begleitete mich auch ein jüngerer Läufer, den ich ab und zu tragen mußte, weil seine Laufschuhe noch sehr neu waren.
Ab km 18 schloss ich mich immer wieder einigen netten Läuferinnen an, was mich sehr motivierte und zu schnellerem Tempo anspornte. Leider verlor ich sie dann immer wieder aus den Augen, entweder weil sie eine andere Strecke wählten oder auf andere Laufbegleiter trafen.
Ab km 20 war ich gezwungen im Gleichschritt mit anderen Läufern zu laufen. Zum Glück habe ich diesen Streckenabschnitt ohne nennenswerte Schäden überstanden.
Bei km 23 begegnete ich schließlich einer gut aussehenden Läuferin, die auch in die gleiche Richtung lief wie ich. Nachdem wir uns durch kleine Zwischenspurts etwas ausgetestet hatten, stellten wir fest, dass es sich viel leichter läuft, wenn man sich gegenseitig Windschatten gibt. Ab diesem Zeitpunkt wurde sie meine feste Laufpartnerin und wir streiften uns bei km 26 sogar gemeinsame Laufshirts über. Auf den folgenden Kilometern konnten wir unsere Lauftechnik mehr und mehr vervollkommnen und haben inzwischen sogar den gleichen Laufstil und die gleichen Vorlieben an den Verpflegungsständen.
Bei km 39,5 begegnete ich einer Gruppe von Läufern, die ein recht zügiges Tempo vorlegten. Einige von Ihnen trugen auf ihren Shirts die Aufschrift „LLG St. Augustin“. Da das Laufen in einer Gruppe natürlich erhebliche Vorteile bietet und auch viel lustiger ist, schloss ich mich diesen Läufern an. Meine Laufpartnerin entdeckte diese Vorteile ebenfalls für sich, so dass wir die letzten 2 km gemeinsam in der Gruppe zurücklegten und dabei viel Spaß hatten.
Da ich jetzt schon mal so schön warm gelaufen bin und es nach meinen Knieschmerzen auf dem letzten Kilometer eigentlich schon wieder ganz gut läuft, gehe ich nun unter die Ultra-Marathon-Läufer und hänge noch einmal 42,195 km dran. Wer weiß, vielleicht wird es ja auch noch ein 100 km-Lauf? Auf jeden Fall werde ich aber weiter mit meiner Laufpartnerin und den Läufern der LLG laufen. oku