Berichte von Udo , Sigurt und Martin
Marathon und Zuschauer leben (auch) vom Wetter (Bericht von Udo Lohrengel)
Gutes Wetter für die Zuschauer ist noch lange oder längst kein gutes Wetter für die Laufkundschaft.
So am letzten Sonntag in Bonn. Wie ein Sprinter kam der Frühsommer mit Temperaturen deutlich über 25° daher. Das war nix für Ausdauertypern, die sich in aller Regel deutlich langsamer entwickeln und einstimmen. Auch wenn es von den Wettermachern angekündigt war, so muss man sich doch erstmal darauf einstellen.
So ein jeder hat ja im Vorfeld einen exakt ausgearbeiteten Schlachtplan im Hinterkopf oder sogar in Form von Zahlen auf den Unterarm gekritzelt, wie es/er denn laufen sollte, um den Lohn der Vorbereitungskilometer einzufahren. Dann das - Hitze! War nach dem eiskalten und langen Winter überhaupt nicht einberechnet. Trotzdem versuchten viele, die Sonne zu ignorieren und rannten los, als wenn es 12° und windstill gewesen wäre.
Nach dem ich den HM unter die Füße genommen hatte und flugs nach dem Zieleinlauf aufs Rad gewechselt war, konnte ich das Treiben auf der Langdistanz ausgiebig verfolgen. Selten habe ich ein Rennen erlebt, wo nahezu 40% von vorne nach hinten durchgereicht wurden und umgekehrt, die, die mit dem Kopf und nicht nur mit den Beinen gelaufen sind, von hinten nach vorne kamen.
Bestenzeitverdächtige erste Hälften folgten später "Wanderetappen", die die Zeit fraßen. 10:30 auf dem Belderberg. Ca. 1.400 wollen alles, zweimal Bonn zu Fuß. Birgitt Uhlig hat es eilig, rennt davon, auf ein Wiedersehen - später, dachte ich mir. Ob die wohl weiß, wie weit es noch ist? Bei km 6 war es bereits eine Minute, die sie vor unserer Birgit führte und sie machte optisch einen guten Eindruck.
Die 51-jährige aus Berlin lief vor der 3-Stundengruppe und bald waren es 80 Sekunden. Für Birgit kein Sichtkontakt mehr, was für die Psyche nicht so doll ist, aber eigentlich sich ihrer Stärke bewusst, lief sie ihr Tempo weiter, denn ein Marathon wird immer erst jenseits km 30 entschieden. Jetzt hinterher zu laufen, auf Biegen und Brechen Anschluss zu erzielen, hätte das gleiche Endergebnis in Zahlen produziert, aber die Reihenfolge wäre anders gewesen.
Bei km 7 ist man an der Beueler Brücke zurück. Trinken, 3 mal rechts und es geht bergauf. Ich merke es auf dem Rad bei Gegenwind, die Läufer schließen auf. Vom Bertha von Suttner Platz orientiert man sich nach rechts Richtung Beethovenhalle und runter zum Rhein geht es dann bis km 13 auf der seeehr zugigen Promenade.
Km 10, Messmatten pfeifen, Uhren werden gedrückt, Flüche, Geschrei, Freude, Stöhnen oder auch nur leises Nachdenken, was dass den wohl bedeuten soll.
Birgit läuft immer noch deutlich über 70 Sekunden hinter der führenden Birgitt her.
Km 13. Weg vom Rhein, Haken schlagen und dann die breite Piste Richtung Plittersdorf. Eben war ich noch hier, zu Fuß. Da ging es jetzt auch ansteigend im Gegenwind nur mühsam voran. Auf der anderen Straßenseite stürmten wie entfesselt die Talente Richtung Stadtzentrum zurück - mit 4 km Vorsprung.
Birgits Rückstand hat sich auf unter 70 Sekunden etwas verringert um aber nur am Ende dieser langen Geraden wieder auf den alten Wert anzusteigen. Die führende Birgitt sieht noch passabel aber nicht mehr so gut aus, wie noch vor einer halben Stunde.War bei mir nicht anders, wie die Fotos von Bernd Nitsche dokumentieren.
Wendepunkt, km 15, für die HM-Läufer nicht mal mehr ein Drittel. Für die Ganzen noch kein Grund zu rechnen ohne sich nicht zu verrechnen. Wer in der Schule schon Probleme mit den Grundrechenarten hat, der ist jetzt u.U. immer noch zu schnell unterwegs.
Km 16,5 mit leicht bergab und wiederbelender Wirkung. Das Feld mischt sich etwas. Dann hinauf auf die B9 und mit Rückenwind von vorbeifahrenden Autos geht es in die Innenstadt.
Bei km 18 sind es nur noch 65 Sekunden, was unserer Birgit sehr gut tut. Die Berliner Birgitt wirkt sehr angestrengt und ich gebe ihr noch 8 km bis die Plätze getauscht werden.
Km 20 mit vielen Zuschauern, Anfeuerung, Motivation und schon ist Birgit wieder an der Kennedybrücke und es sind nur noch 62 Sekunden. Nach diesem "brutalen" Anstieg wieder hinein in die Beueler City und hinaus nach Ramersdorf, wo die Telefonfirma zu Hause ist. Sekunde um Sekunde verringert sich der Vorsprung und bei km 23 kann Birgit Birgitt sehen.
In Telekomrosa ist sie jetzt 4 Minuten hinter der 3-Stundengruppe unterwegs und ihre Kilometerzeiten liegen deutlich über 4:30, aber bei unserer Birgit, die jetzt die Aufholgeschwindigkeit erhöht hat, darunter.
Das war, wie man am Ende weiß, des guten zuviel. Sie hätte einfach im gleichen Tempo weiterlaufen sollen, denn es war ja erkennbar, dass alles gut wird. Die jetzt investierten Körner haben dann von 39-42 gefehlt und den Heimweg unnötig schwer gemacht.
Kurz vor km 28 kommt es zum Zusammenschluss und schon bald sind es 20 Meter und auf der Brücke dann schon 20 Sekunden.
Nochmal durch den Wind am Rhein entlang im Kreuz eines blaugewandeten Jünglings und über die breite Piste bis zum Wendepunkt bei km 36. Birgitt aus Berlin ist nunmehr 3:20 zurück und schon bald wird sie mit Christina Woltmann aus Schwäbisch Hall den Platz tauschen. Derweil arbeitet sich Birgit Richtung Innenstadt vor. Ich fahre voraus und warne vor. Frank Piontek wird von mir instruiert und der Count Down läuft.
Dann taucht sie auf, schlägt Haken, klatscht ab, lässt sich Zeit, weil Zeit nicht zählt, aber der Genuss des Augenblicks von 2-3000 gefeiert zu werden. Die Lautsprecher toben, die Stimmen kämpfen sich durch die Musik, Konfettiregen und dann ist sie da und gewinnt nach dem 1. auch den 10. Das kommt nicht so oft vor, aber 2001 war es 25° und diese Jahr ebenfalls und da war ja klar, dass das den Sieg bedeutet.
Dann Schuh mit Chip aus, nochmal zurück und den Einlauf für die Fotomeute wiederholen. Kaputt?
Keine Zeit! 15 Minuten später hat sie den Dienstag von ihr in den Medien präsentierten goldigen Beethoven in der Hand und der bevölkert jetzt unser Haus.
Erwartungen nicht ganz erfüllt – dennoch zufrieden (Bericht von Sigurt Zacher)
Gespannt, ob sich meine Erwartung und Zielsetzung eintreffen würde (Zeit unter zwei Stunden), ging ich an den Start eines HM seit einem Jahr. Mit den Leistungen im Training schien sich dies, wenn sicherlich auch nur knapp, erfüllen zu können. Von der LLG sah ich lediglich Marlen und Martin an mir vorbeihuschen.
Nach dem Start versuchte ich nicht in meinen üblichen Fehler zu verfallen und zu schnell anzugehen. Das klappte auch ganz gut, gleichmäßig hielt ich das Tempo von Anfang bis Ende, mit Zeiten von 5:30 / 5:35 pro Kilometer. Legte ich am ersten Verpflegungsposten noch eine bewusste Stehpause ein, absolvierte ich die anderen im forschen Vorbeilaufen, was aber auch erstaunlich gut klappte. Für Motivation sorgte, als der Streckensprecher auf Beuler Seite kurz vor dem zweiten Verpflegungspunkt Peter Kloeppel von RTL grüßte. Ob ich ihn würde einholen und mich an den marathonerprobten Läufer würde dran hängen können, ohne zu sehr forcieren zu müssen? Kurz nach der Kennedybrücke hatte ich ihn und seinen Begleiter eingeholt. Nach einigen Metern des `Windschattenlaufens´ ließ ich ihn noch auf der Straße oberhalb der Beethovenhalle `stehen´.
Meine Euphorie das anvisierte Ziel erreichen zu können, stieg, als es nach der Wendemarke bei `Little America´/Forschungszentrum Caesar zurück ging. Bernd hatte mich kurz vor der Tiefgarage zur UN zu motivieren versucht durchzuziehen, aber das konnte ich dann leider nicht (mehr) ganz umsetzen. Auf der `Diplomatenrenbahn´ zwischen Kunstmuseum und Universität muss ich scheinbar irgendwo Zeit `liegen gelassen´ haben, ohne zu wissen wo. Ich vermute, es war hinter der letzten Verpflegungsstelle am Bundespräsidialamt, als diverse RTWs und ein NEF die Läuferstrecke säumten und sich um diverse erschöpfte Läufer bemühten. Unbewusst muss da ich wohl etwas Tempo heraus genommen haben, ohne dies aber bewusst zu merken, nur, um so kurz vor dem Ziel nicht auch so zu enden. So „verpasste“ ich mein Ziel um „schlappe“ 36 Sekunden! Nach fast einem Jahr ohne HM und lange Trainings-Stints bin ich mit den 2:00:35 aber auch hoch zufrieden! (za)
Bericht zum von mir erlebten HM-Geschehen (von Martin Oberndörfer)
Um 6 Uhr aufstehen - und das freiwillig, wie schrecklich. Marlen Günther holt mich anschließend ab, das war sehr praktisch. Wir wollen zusammen laufen, „vierer Schnitt“ (ergibt etwa 1:24:23 Stunden) ist angesagt. Marlen ist zurzeit in Bestform, auch meine Form der letzten Wochen ist nicht schlecht. Auf der Fahrt werde ich langsam wach und munter, fühle mich gut. Das Wetter ist perfekt, bei einem frühen Start um 8:45 Uhr rechnet man mit kühlen Temperaturen. Aber schon eine Stunde vor dem Start sind angenehme Temperaturen, die das ärmelfreie Laufen ohne zu Frieren ermöglichen.
Am Rhein gehen wir uns einlaufen, alles ist prima. Dann treffen wir T. Eickmann vor dem Start, der ankündigt Marlen mit dem Rad zu begleiten. Jetzt bin ich wohl nicht mehr gefragt? Doch Marlen bekräftigt „wir laufen trotzdem zusammen“.
Kurz vor dem Start zurück in die zehnte Reihe, damit wir nicht zu schnell starten und los geht’s. Erster Kilometer 3:57, perfekt. Doch Eickmann ist es zu langsam, Marlen beschleunigt leicht. Wir wechseln uns in der Führung ab. Wenn Marlen vorne läuft beschwert sich T. Eickmann immer wieder, dass ich so kein guter Tempomacher bin. Marlen stellt es klar „Martin ist kein Tempomacher, wir laufen zusammen“ - Danke!
Die Brücke hoch, auf der anderen Seite wieder herunter. Wir nutzen den Schwung und beschleunigen etwas. Auf der linken Rheinseite bildet sich eine größere Gruppe mit uns mittendrin. Prima!
Kilometer 10 in knapp unter 39:30, so schnell anzugehen hätte ich mich ohne Marlen nie getraut. Wir bleiben in der Gruppe, wo ich mich auch an der Führungsarbeit beteilige. Wir laufen nun exakten 4:00-Schnitt. Marlen hat Platz vier und Herr Eickmann misst wiederholt den Abstand zu Platz drei; weniger als eine Minute. Daraufhin beschleunigt Marlen nach etwa 13,5 km und setzt sich an die Spitze der Gruppe. Ich folge noch bis km 14 und lasse dann abreißen. Ich bin am Limit meiner Möglichkeiten und diese Forcierung erscheint mir zu viel. Ich werde nur minimal langsamer und finde kurzzeitig zu zwei Läufern der alten Gruppe zurück. Marlen baut bis km 17 etwa 30 Sekunden Abstand auf mich auf. Ich fühle mich wieder besser, komme zum 4er Schnitt zurück und der Abstand zu Marlen bleibt von km 17 bis 20 konstant. Leider sind die Damen vor Marlen nicht eingebrochen, so blieb es bei dem vierten Platz.
Auf dem flotten letzten Kilometer gebe ich nochmal alles was irgendwie geht, so erreiche ich das Ziel genau 20 Sekunden hinter Marlen in 1:23:45. Ein prima Ergebnis, die viertschnellste von mir je gelaufene Halbmarathonzeit.
Nach dem Lauf war fast alles prima (gute Verpflegung!). Nur die Duschen waren kalt. Und dann das Negativ-Highlight mit dem geklauten Rucksack von Olaf auf der After-Run-Party…
Aufbereitung Bericht für LLG-HP: Antje + Olaf Kucher
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