Ist BIER wirklich ein geeignetes
Läufergetränk?
von
Birgit Lennartz
Inzwischen
hat auch die Bierindustrie die Läufer als Kundschaft entdeckt und wirbt mit
alkoholfreiem Bier als Elektrolytgetränkersatz.
Sind
die Werbeaussagen richtig? Hat Bier wirklich wichtige Inhaltsstoffe für Läufer?
Trifft es nur für alkoholfreie oder bestimmte Biersorten zu? Der folgende
Artikel soll einen umfassenden Überblick über das Getränk/Nahrungsmittel Bier
geben.
Geschichte
Erste
Erwähnungen von Bier finden sich schon im 3. Jahrhundert vor Chr. in
Mesopotamien. Durch einen Zufall war feuchtes Brot bei wärmeren Temperaturen
vergessen worden und hatte angefangen zu gären. Mit Wasser vermischt wurde
daraus ein berauschendes Getränk. Und schon in den babylonischen Schankstätten
gab es 5 Sorten Bier: Dunkles, Helles, Jungbier, Lagerbier und Misch- oder
Honigbier.
In
Europa wurde Bier ursprünglich aus gemälztem oder ungemälztem Getreide (Gerste,
Hafer, Weizen, Roggen, Hirse) obergärig gebraut. Zur geschmacklichen Abrundung
wurde dem süßen Getränk u. a. Baumrinde, Honig, Wacholder, Pilz oder Hopfen
zugefügt.
In
Norddeutschland wurde Bier genossenschaftlich und von Bürgerbrauereien
hergestellt. Im Süden waren es vor allem die Klöster wie St. Gallen und
Weihenstephan. Bier diente den Mönchen als Lebensmittel für die Fastenzeit, denn
im Prinzip ist Bier flüssiges vergorenes Brot.
Im
14. Jh. entwickelten sich die Handelsbrauereien und die Bierbrauerzünfte und
der Hopfen verdrängte die bis jetzt verwendeten Würz- und Bitterstoffe.
Bis
Mitte des 17. Jh. blieb Norddeutschland Schwerpunkt der Biererzeugung, verschob
sich aber dann nach Bayern. Dies hängt wohl auch mit der strengen Einhaltung
des Reinheitsgebots zusammen, das im Jahre 1516 von Herzog Wilhelm IV. im
Landtag zu Ingolstadt erlassenen wurde. „Zur Bereitung von untergärigem Bier
darf nur Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden.“ Außerhalb
Bayerns wurden noch bis Anfang des 19. Jh. Malzersatzstoffe bzw. Malzsurrogate
zugelassen.
Herstellung
Bier
unterliegt dem ältesten uns bekannten und noch gültigen Lebensmittelgesetz der
Welt, das in der Neufassung vom 29.7.1993 besagt, dass „zur Bereitung von
untergärigem Bier nur Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser verwendet werden darf.
Die Bereitung von obergärigem Bier unterliegt derselben Vorschrift; es ist
hierbei jedoch auch die Verwendung von anderem Malz und die Verwendung von
technisch reinem Rohr-, Rüben- und Invertzucker sowie
von Stärkezucker und aus Zucker der bezeichneten Art hergestellten Farbmitteln
zulässig.“
Die
Bierherstellung erfordert drei Stufen: Malzherstellung, Würzebereitung und Gärung.
Zur
Malzherstellung werden Getreidekörner mit Wasser zum Keimen gebracht, da-durch wird die Getreidestärke zu Zucker abgebaut. Zur Haltbarmachung wird der auf diese Weise entstandene
Grünmalz getrocknet (Darren).
Im
zweiten Schritt wird dieser Darrmalz zerkleinert mit Brauwasser zur so
genannten Maische vermischt und im Sudhaus erhitzt. Die Mineralsalze des
Wassers reagieren mit den Phosphaten des Malzes und bestimmen so den Säuregrad
der Maische. Früher entstanden so durch die unterschiedlichen Brauwasser die
klassischen Biertypen. Heute kann man durch Wasseraufbereitung die
Wasserzusammensetzung beeinflussen.
Danach
werden die festen Bestandteile der Maische, der Treber von den gelösten
Bestandteilen getrennt. Treber dient als Tierfutter. Der Extrakt wird noch mal
geklärt, bis die gewonnene Haupt- oder Vorderwürze klar ist und einen
Extraktgehalt von 15-18 % besitzt.
Die
Würze wird mit Hopfen versetzt und zwei Stunden gekocht. Dadurch werden die
Hopfeninhaltsstoffe gelöst und alles wird konzentriert und sterilisiert. Der
Extraktgehalt, also die Menge der gelösten Stoffe der Würze ist die so genannte
Stammwürze, welche nun gefiltert und je nach Gärverfahren gekühlt wir
Nun erfolgt der letzte Schritt, die Gärung, bei dem die
Hefe den Zucker in der Würze in Alkohol und Kohlendioxid spaltet. Obergärige
Hefen steigen am Ende der Gärung nach oben und benötigen 15-20 0C,
untergärige arbeiten bei 5-10 0C und setzten sich am Ende am Boden
ab. Ihre Gärzeit ist mit 7-10 Tagen und einer Nachgärzeit von ein bis vier
Monaten erheblich länger als die der obergärigen Hefe. Früher wurde
hauptsächlich obergärig gebraut, bis auf Bayern und Württemberg, wo schon seit
dem 16. Jahrhundert fast nur untergäriges in den Seidel kam. Das lag zum einen
an der klimatischen Lage, da die langen, kalten Winter eine untergärige
Bierbereitung zuließen, zum anderen an den zahl-reichen
Kellern und Stollen im Voralpenraum und in den felsi-gen
Mittelgebirgslagen der Oberpfalz und Frankens, in de-nen
das Bier bei niedrigen Temperaturen auch längere Zeit gelagert werden konnte.
So
dominierten bis ins 16. Jahrhundert die obergärigen Biere, die aber nur eine
recht geringe Haltbarkeit besaßen. Aus hygienischen Gründen wurde im Jahr 1553
für fast 300 Jahre ein Sommerbrau-verbot ausgesprochen.
Untergärige
Biere konnten auf-grund der erforderlichen niedri-gen Gärtemperaturen nicht, obergärige sollten nicht
mehr gebraut werden.
Sortenvielfalt
Bier
kann also nach zwei Merkmalen in Sorten eingeteilt werden: nach dem
Stammwürzegehalt und dem Gärverfahren.
Der
Alkoholgehalt entspricht etwa 1/4 bis 1/3 der Stammwürze.
Im
folgenden eine Auflistung der bekanntesten Biersorten:
Altbier. Ein vom Niederrhein, (v. a. aus Düsseldorf) stammendes obergäriges,
kräftig gehopftes, kupferbraunes Vollbier. Je nach Hefeart und Anteil von
Weizenmalz fällt das Aroma recht unterschiedlich aus.
Berliner Weiße. Schwach gehopftes, obergäriges aus Weizen- und
Gerstenmalz hergestelltes Bier, Gehört heute mit nur 8 % Stammwürze (Alkoholgehalt
etwa 2,6 %) zu den Schankbieren, früher gab es Berliner Weiße in allen Stärken
bis zum Weiße-Starkbier. Der erfrischend säuerliche Geschmack stammt aus der
Milchsäure, die bei der Gärung noch zugesetzt werden darf.
Bockbier. Dieses
Starkbier mit 16 % Stammwürze stammt ursprünglich aus Einbeck
im Solling. Früher nur mit dunklem Malz gebraut, heute auch mit hellem. Doppelbock erfanden
italienische Franziskaner-Mönche in Bayern. Ihr „Salvator“
getauftes Bier hat eine Stammwürze von 18 % und einen Alkoholgehalt von etwa 6
%. Alle Doppelbockbiere enden heute auf den Namen „ator“.
Beim
Eisbock, wird durch Wasserentzug eine Stammwürze von 28 % und ein Alkoholgehalt
von 9 % erreicht.
Diätbier ist eine helle, kohlenhydratverminderte, untergärig
gebraute Vollbiersorte mit eher geringem Stammwürzegehalt. Durch eine hohe
Vergärung enthält es weniger als 0,75 Gramm Kohlenhydrate pro 100 Gramm. Daher
auch der geringere kalorische Gehalt von rund 33
Kalorien pro 100 Gramm. Diätbier bedeutet jedoch nicht alkoholfrei, denn es ist
für Diabetiker gedacht. Der Alkoholgehalt liegt daher bei etwa 3,7-4,5 %.
Export ist ein helles untergäriges, eher malziges
Bier mit 4,3 % Alkoholgehalt, wie z. B. das Dortmunder.
Kölsch ist ein nur in Köln hergestelltes obergäriges, helles Vollbier mit 3,7
% Alkohol.
Lager: Im 19. Jahrhundert wurden alle untergärig gebrauten Biere, die
gelagert werden konnten, so genannt. Heute bezeichnet man ein einfaches,
schwächer gehopftes helles Bier so. Im Fränkischen ist ein Lagerbier ein
kohlensäure- und schaumarmes Kellerbier, eine Spezialität, die hochvergoren und stark gehopft in offenen Eichenfässern
abgelagert wir
Malzbier/-trunk. Ein obergärig gebrautes Bier, bei dem die 7 % Stammwürze
mit Ausnahme von Bayern und Baden-Württemberg durch karamellisierten Zucker auf
12-13 % gebracht wird und das dadurch vom Schank- zum Vollbier avanciert. Der
Alkoholgehalt muss unter 1 % liegen, liegt als alkoholfrei jedoch meist unter
0,5 %.
Märzen ist heute ein helles oder dunkles Vollbier, mittelstark gehopft,
malzaromatisch und mit relativ viel Stammwürze (bis zu 4,3 % Alkohol). Vor Erfindung
der Kühlaggregate bestand im März die letzte Möglichkeit, untergärig zu brauen.
Damit das Bier länger vor dem Verderb geschützt war, braute man besonders stark
und mit viel Hopfen. Der letzte süffige Rest war dann im Spätsommer ein Anlass
zum Feiern (Oktoberfest).
Münchener ist die ehemalige (bis 1930) Münchener Standardsorte,
ein dunkles malzbetontes, untergäriges Vollbier.
Pilsener entstand 1842 im böhmischen Pilsen. Ideal für dieses
leichte, helle, betont hopfenbittere Bier war das besonders weiche Pilsener
Wasser. Ab 1900 wurde es in fast allen größeren Brauereien hergestellt. in den
70er Jahren wurde es zur Nr. 1 der Biere. Pils ist eine Sorten- und keine
Herkunftsbezeichnung.
Weizenbier ist ein obergäriges süddeutsches Vollbier mit einer
Stammwürze von 14 %. Gebraut wird es mit mindestens 1/3 Weizenmalz. Es enthält
viel Kohlensäure und schäumt entsprechend stark. Inzwischen gibt es zahlreiche
Varianten: Naturtrüber Hefeweizen, Kristallweizen, dunkler Weizen, untergärige
Weizenbiere wie Lager- Weizen und Starkbiertypen wie Weizen-Bock,
Doppelbock-Weizen.
Rauchbier ist heute eine fränkische Spezialität, früher war es eine
Notlösung. Wenn nicht genügend Sonne schien um das Malz zu darren, half man mit
einem Holzfeuer nach. Dabei durchzog das Raucharoma das Malz. Heute wird es in
kleinen Brauereien im Bamberger Raum hergestellt mit Stammwürze um 13,5 % und
Alkohol um 4,5 %.
Schankbier ist ein Gattungsbegriff für schwächer eingebraute
Biere (egal ob ober- oder –untergärig). Der Begriff stammt aus früheren Zeiten,
als noch keine Möglichkeit zur Kühlung vorhanden war und die Biere nach
Abschluss der Vergärung ohne Lagerung ausgeschenkt wurden.
Zwickelbier ist ein hefetrübes, naturbelassenes
Bier. Ursprünglich wurde das noch unfiltrierte Probebier über einen Zwickel
(Probehahn) aus den Fass entnommen.
Inhaltsstoffe
und Nährwerte
Wozu die einzelnen Inhaltstoffe im Bier dienen wurde schon ein wenig bei
der Herstellung erläutert.
Der
Hopfen bringt die Würze und einen
herb-bitteren Geschmack. Er verbessert die Haltbarkeit und dient als
Schaumstabilisator.
Die
Hefe bringt die Würze zum Gären und
verwandelt den Malzzucker zu Alkohol und Kohlensäure.
Gerste hat den Vorteil, dass es viel Stärke (=Zucker) und nur wenig Klebereiweiß
besitzt.
Beim
Wasser ist der Härtegrad von
entscheidender Bedeutung. So brauchen einige Biersorten besonders weiches, also
kalkfreies Wasser.
An
Nährwerten enthält Bier (100 g) im Durchschnitt:
30-70
kcal, je nach Alkoholgehalt. (1 g
Alkohol liefert 7 Kcal, daher ist alkoholfreies Bier energieärmer).
2-10
g Kohlenhydrate. Nicht alle im Malz
vorhandenen Kohlenhydrate werden zu Alkohol vergoren, so enthält Vollbier 3-5 %
KH, Malz- und Starkbier noch mehr.
0,5-7
g Alkohol
An Eiweißstoffen finden sich Proteine aus
Malz und Hefe, welche auch für die Kältetrübung verantwortlich sind
Aus
der Bierhefe stammen die für den Sportler wichtigen B-Vitamine
Die
harntreibende Wirkung des Biers beruht auf seinen mit 300-400 mg/l recht hohen
Kaliumgehalt im Verhältnis zum relativ geringen Natriumgehalt von 50-100 mg/l
Bier
als Medizin
Schon
Hildegard von Bingen riet 1150 „Trinkt Bier!“. Und im Handbuch der
Ernährungslehre von 1920 steht: „Bier nimmt einen oft vernachlässigten Platz in
der Krankenbehandlung ein. Ein gutes Bier repräsentiert das beste alkoholische
Getränk. Die leichten Biere vereinigen mit der schwachen Alkoholkomponente und
mit einem ganz bestimmten Nährwert erfrischende Eigenschaften, gegeben durch
eine glückliche Mischung von gelöstem Alkohol, Dextrin, Maltose, Bitterstoffen
und Kohlensäure.“
Ein
Glas am Tag soll die Durchblutung fördern, Infektionen vorbeugen, Frauen in den
Wechseljahren helfen, vor Depressionen, Magengeschwüren und Nierensteinen
schützen. Den Heilungsprozess nach Knochenbrüchen fördern.
Dass
es sehr magenfreundlich ist, weiß wohl jeder aus eigener Erfahrung.
Für
den gesundheitlichen Wert von Bier spielen der Alkohol, die Mineralstoffe und Vitamine
sowie die sekundären Pflanzenstoffe eine Rolle.
Hopfen wirkt
entspannend, zusammen mit Alkohol und Kohlensäure appetitanregen
Zudem
gehört Bier in Deutschland zu den reinsten Getränken. Das Wasser muss für das
Gelingen von einwandfreier Qualität sein. Des Weiteren können sich
krankmachende Keime wegen des relativ hohen Säurewertes und spezieller
Hopfenbestandteile nicht entwickeln.
Alkoholfreie
Variante und Malzbier
Nach
diesen Informationen über den Wert des Bieres und den „Unwert“ von Alkohol kann
man den Schluss ziehen, das ein alkoholfreies Bier ein sportgerechtes Getränk
ist: Es enthält reichlich Wasser und wirkt nicht dehydrierend, ist isotonisch bis leicht hypotonisch,
hat einen Kohlenhydratanteil von über 60 % mit leicht verfügbaren und langsamer
resorbierbaren Zuckern, es enthält wichtige Aminosäuren, ist fett- und
cholesterinfrei, mineralstoffreich und verfügt über alle Vitamine der wichtigen
B-Gruppe. Zudem ist es frei an chemischen Zusatzstoffen und am wichtigsten, es
schmeckt gut.
Wer
es lieber etwas Süßer mag, der kann auf Malzbier ausweichen. Als Ausnahme
vom Reinheitsgebot, darf Malzbier mit Zucker hergestellt werden (in Bayern und
Württemberg nur als Malztrunk). Malzbier wird nur angegoren.
Der Alkoholgehalt von alkoholfreiem Malzbier liegt unter 0,5 % und bei alkoholarmen
im Bereich von 0,5-1,5 %.
Aus: Peter Schäfer, Da lacht der Sportler, Lauf(s)paß,
Oberhaching 1986